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Migräneprophylaxe: Erenumab besser als Topiramat 

In der ersten Head-to-Head Studie zweier Migräneprophylaktika brachen unter Erenumab fast viermal weniger Patienten die Therapie ab als unter Topiramat. Unter Erenumab konnten auch deutlich mehr Patienten ihre Migränetage im Monat mehr als halbieren als unter Topiramat.

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In der Migräne-Prophylaxe stellt die Verträglichkeit der Medikamente einen bedeutenden Faktor für den Therapieerfolg dar. In der kürzlich veröffentlichten ATTAIN-Studie brachen 28,2 % Patienten die Migräne-Prophylaxe mit klassischen Prophylaktika ab, 59,2 % davon aufgrund der Nebenwirkungen der Medikamente. Angesichts des erheblichen Leidensdrucks und der Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen, die die Migräne verursacht, ist es umso bedeutender, dass viele Patienten lieber die Migränesymptome und Folgen in Kauf nehmen als die Nebenwirkungen durch die Prophylaxe. Für Wissenschaft und Klinik ist dies ein Weckruf bei der Migräne-Prophylaxe Effektivität und Verträglichkeit gleich zu bewerten [1].

Verträglichkeit neuer Antikörpertherapien

Die ATTAIN-Studie wurde nur mit klassischen Prophylaktika durchgeführt. Die neuen Therapieoptionen mit monoklonalen Antikörpern, die den Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) zum Ziel haben, sind Studien zufolge verträglicher als die klassischen Prophylaktika. Diese Daten stammen aber bisher nur aus Placebo kontrollierten Studien. Head-to-Head Vergleiche waren bislang nicht verfügbar. Die kürzlich in Cephalalgia veröffentlichte HER-MES Studie (Head-to-head study of erenumab against topiramate – Migraine study to assess tolerability and efficacy in a patient-centred setting) liefert erstmals direkte Vergleichsdaten zur Verträglichkeit und Wirksamkeit des klassischen Migräne-Prophylaktikums Topiramat und Erenumab (Aimovig®), einem monoklonalen CGRP-Rezeptor-Antikörper, der 2018 als erste Antikörper-basierte Migräneprophylaxe auf den Markt kam [2].

Zielsetzung und Methoden

Das Ziel der HER-MES Studie war es, die Verträglichkeit und Effektivität des CGRP-Rezeptor-Antikörper Erenumab mit Topiramat direkt zu vergleichen. HER-MES wurde als randomisierte, doppeltblinde, Double-Dummy, aktiv kontrollierte, Parallelgruppen Phase 4 Studie an 82 Standorten in Deutschland durchgeführt. Die Studie umfasste eine Screening Phase von 2 Wochen, in der geprüft wurde, ob die Patienten alle Teilnahmebedingungen erfüllten, eine vierwöchige Beobachtungsphase zur Erhebung der Baseline-Werte (Migränetage, ≥ 80 % Compliance beim Führen eines elektronischen Kopfschmerztagebuchs usw.), die eigentliche Behandlungsphase (24 Wochen) und ein Follow up von 4 Wochen zur Prüfung der Sicherheit. Aufgenommen in die Studie wurden erwachsene Patienten, die seit mindestens 12 Monaten unter Migräne litten und bislang weder mit Topiramat noch einem auf den CGRP-Signalweg-zielenden Antikörper behandelt worden waren.

Behandlungsphase mit Verum und Dummys

Die Teilnehmer wurden 1:1 in eine Gruppe, die das Topiramat Verum* (Tabletten) und einen Erenumab Dummy* (Injektion) erhielt und eine andere, die mit dem Erenumab Verum (Injektion) und einem Topiramat-Dummy (Tabletten) behandelt wurde. Topiramat wurde in 6 Wochen auf die Zieldosis von mindestens 50 mg/Tag bis zu 100 mg Tag auftitriert. In dieser Zeit kamen die Patienten wöchentlich in das jeweilige Zentrum. Danach fanden nur noch alle 4 Wochen Patientenbesuche statt. Die Tabletten wurden den Patienten in der nötigen Menge ausgehändigt. Die Injektionen mit Erenumab oder dem Erenumab-Dummy wurden während der Patientenbesuche in einer vom Therapeuten bestimmten Dosis von 70 mg oder 140 mg verabreicht. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil der Patienten, die die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen abbrachen. Der sekundäre Endpunkt war der Anteil der Patienten mit einer Reduktion von ≥50% der monatlichen Migränetage (MMD).

Ergebnisse

Insgesamt wurden 777 Patienten randomisiert: 389 in die Erenumab-Gruppe und 388 in die Topiramat Gruppe. 739 (95,1 %) Patienten nahmen über den gesamten Studienzeitraum teil, davon führten 98,5 % ihr elektronisches Tagebuch zuverlässig gemäß den Studienanforderungen. Während der 24-wöchigen Laufzeit der doppelt verblindeten Studienphase brachen unter Erenumab nur 10,6 % der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. In der Topiramat-Gruppe waren es 38,9 %. Dabei erreichten 55,4% der Patienten in der Erenumab-Gruppe eine ≥50 % der MMD, in der Topiramat-Gruppe waren es nur 31,2%.

Fazit

In einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) kommentierte ihr Pressesprecher Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen diese Ergebnisse: «Die hier gezeigte Überlegenheit von Erenumab gegenüber Topiramat ist erfreulich.» Er betonte jedoch: «Grundsätzlich sollten aber auch nicht-medikamentöse Verfahren nicht unversucht bleiben, wie beispielsweise Ausdauertraining, kognitive Verhaltenstherapie, Biofeedback und Entspannungstechniken.» Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Verschreibung von monoklonalen Antikörpern zur Migräneprophylaxe nach wie vor Einschränkungen unterliegt. Diener ergänzte: «Bei Therapieresistenz bzw. wenn die Behandlung der akuten Migräneattacken nicht ausreicht, stellt Erenumab eine vielversprechende Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten für die Prävention dar.» [3,4]

*Ein «Verum» ist eine im Rahmen klinischer Studien verabreichte Arzneimittelprobe, die pharmakologisch wirksame Substanzen enthält im Gegensatz zum «Dummy» das wirkstofffreien Placebo enthält. 


Quelle: https://www.gelbe-liste.de/neurologie/migraene-erenumab-topiramat-vergleich
1. Kawata, Shah, Poon, et al. (2021): Understanding the migraine treatment landscape prior to the introduction of calcitonin gene-related peptide inhibitors: Results from the Assessment of TolerabiliTy and Effectiveness in MigrAINe Patients using Preventive Treatment (ATTAIN) study. Headache 61: 438–454. DOI: 10.1111/head.14053
2. Reuter, Ehrlich, Gendolla et al. (2021): Erenumab versus topiramate for the prevention of migraine – a randomised, double-blind, active-controlled phase 4 trial, Cephalalgia. DOI: 10.1177/03331024211053571.
3. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (2021): Effektive Migräne-Prophylaxe mit monoklonalen Antikörpern. Pressemitteilung 08.12.2021
4. Gemeinsamer Bundesausschuss (2021): Beschluss des G-BA über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Erenumab (Neubewertung aufgrund neuer Wissenschaftlicher Erkenntnisse (Migräne-Prophylaxe)). Vom 21. Oktober 2021

Bild: AdobeStock/encierro

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